Markus Kienast
Markus Kienast Gemeinderat in Groß Gerungs

Legalisierung von d'Hondt nach Ansicht des GdB verfassungswidrig

Legalisierung von d'Hondt nach Ansicht des GdB verfassungswidrig

Es freut uns, verkünden zu können, dass es einem unserer Vorstandsmitglieder, DI (FH) Markus Kienast von der Bürgerliste GERMS in Groß Gerungs, gelungen ist, die Aufteilung von Gemeindevorstandsmandaten nach dem mehrheitsverzerrenden d’Hondtschen Verfahren in ganz NÖ zu Fall zu bringen.

Damit wurde einer der himmelschreiendsten Ungerechtigkeiten in der politischen Verwaltung von Gemeinden der Garaus gemacht.

47 Jahre lang, seit der Gesetzwerdung in 1973, wurden Minderheitsparteien durch Anwendung dieses demokratiepolitisch höchst bedenklichen Verfahrens um Sitze in Gemeindevorstand und Ausschüssen gebracht - rechtswidrig, wie der VfGH nun herausgestrichen hat.

Entgegen den Darstellungen von Gerald Poyssl, Geschäftsführer des ÖVP-nahen NÖ Gemeindebunds handelt es sich hierbei NICHT um eine “Neuinterpretation des VfGH” sondern um ständige Rechtsprechung, die bis ins Jahr 1950 zurückgeht, wie der VfGH präzisierte:

“Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind Formalvorschriften der Wahlordnungen strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen (vgl. zB VfSlg. 1904/1950, 6750/1972, 8848/1980, 15.375/1998, 17.141/2004, 19.847/2014, 20.019/2015, 20.139/2017).”

Dass diese ständige Rechtsprechung die letzten 47 Jahre vor allem die ÖVP nicht daran hinderte, die Gemeindevorstands- und -ausschussposten willkürlich zu vergeben, legt die Skrupellosigkeit des Systems Niederösterreich offen und erklärt auch ein Stück weit, wie man sich trotz teilweise massiver Gegenwehr und hoher Unzufriedenheit von Bürgern so lange fest im Sattel halten konnte.

Bizarr empfindet der GdB, dass seitens der ÖVP immer wieder als Begründung für die bisher gängige Praxis der rechtswidrigen Auslegung ein Buch aus dem ÖVP Umfeld zitiert wird, als stünde dieses Werk im Gesetzesrang - nämlich der Kommentar der NÖ Kommunalakademie zur NÖ Gemeindeordnung.

“Man schreibt sich also selbst den Beweis, nach dem man die Gesetze dann willkürlich biegt, so macht es den Eindruck,” stellt Kienast in den Raum.

Die betreffende Stelle in diesem Werk bezeichnet Markus Kienast als “äußerst windig”. “Normalerweise leiten professionelle Gesetzeskommentare ihre Interpretation von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung oder von wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema ab. Jedenfalls liefern sie immer eine Begründung dafür, wieso ein Gesetz auf die dargelegte Art zu interpretieren sei. Nicht so der Kommentar der NÖ Kommunalakademie.”

Dort heißt es lapidar:

Die Aufteilung selbst erfolgt nach einem sogenannten “Divisorverfahren” (d’Hondt’sches Verfahren) in Entsprechung des Verhältniswahlrechts

Mehr wird dazu nicht dargelegt.

“Auf diese substanzlose Behauptung stützt sich offenbar die ganze Argumentation der ÖVP. Mit Verlaub, dass so eine windige Formulierung der ÖVP scheinbar genügt, um sich über den Wortlaut eines Gesetzes hinwegzusetzen, empfinde ich schlichtweg als Skandal”, so Kienast.

Der Ansage von Anna-Margaretha Sturm, Leiterin der Abteilung Gemeinden in der NÖ Landesregierung, das Gesetz nun anpassen zu wollen, quasi um die rechtswidrige Praxis zu legalisieren, erteilt der Vorstand des GdB eine klare Absage.

Die Anwendung von d’Hondt wäre auch aus anderen Gründen verfassungswidrig. Kienast hatte sich für die Anfechtung ja die Mühe gemacht, alle möglichen Aufteilungsvarianten der gültigen Stimmen in Groß Gerungs mit einer eigens dafür geschriebenen Software durchzurechnen und eine Aufteilung nach d’Hondt mit einer gesetzeskonformen prozentuellen Aufteilung zu vergleichen - 6 Stunden war der Computer damit beschäftigt.

Das Ergebnis:

  • Bei 4 Milliarden möglichen Kombinationen verliert die jeweilige Mehrheitspartei bei d’Hondt NIE ein Mandat durch Abrundung.
  • In 46 % der Fälle gewinnt die Mehrheitspartei aber mindestens eines, manchmal sogar 2 Mandate unrechtmäßig dazu.
  • In ebenso vielen Fällen verliert also mindestens eine Minderheitspartei ein Mandat durch Abrundung.

Damit sei erschöpfend belegt, dass eine Stimme für die Mehrheitspartei anders behandelt wird (niemals abgerundet), als eine Stimme für eine Minderheitspartei (laufend abgerundet), und das verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz der Österreichischen Bundesverfassung.

Dass das d’Hondtsche Verfahren demokratiepolitisch bedenklich ist, ist ja allgemein bekannt. Nicht ohne Grund hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof das d’Hondtsche Verfahren schon vor Jahren als verfassungswidrig erkannt und wurde in weiterer Folge d’Hondt in den meisten deutschen Bundesländern durch andere Verfahren ersetzt, die den Wählerwillen genauer abbilden.

Einer Legalisierung des d’Hondtschen Verfahrens wäre demnach wohl nur eine kurze Geltungsdauer vergönnt, weil das Gesetz einer Überprüfung durch den VfGH wohl nicht standhalten würde - speziell wegen der geringen Anzahl zu vergebender Sitze bei Gemeindevorstand und Ausschüssen, durch die sich die Verzerrung des Wahlergebnisses noch einmal potenziert.

Außerdem sind die Bestimmungen des V. Hauptstücks der NÖ GO 1973, die diese Wahlbestimmungen beinhalten, in Verfassungsrang und können nur durch eine 2/3 Mehrheit im Landtag geändert werden. Und wir bezweifeln, dass es im Interesse der kleineren Landtagsparteien sein kann, die ÖVP auch nur in einer Gemeinde zu stärken. Wie es aussieht, wird die nun festgeschriebene prozentuelle Aufteilung also Bestand haben, was sehr erfreulich ist für alle Bürgerlisten und Kleinparteien und die Bürger, die ihnen ihre Stimme gegeben haben.

Der GdB wird nichts unversucht lassen, die Abschaffung des d’Hondtschen Verfahrens auch auf allen anderen Ebenen voranzutreiben. Es ist unsere Bestrebung, alle niederösterreichischen Kleinparteien hinter diesem gemeinsamen Ziel zu vereinen.

Der Vorstand der Gemeinschaft der Bürgervertreter NÖ

  • Josef Peer - Präsident
  • Kurt Schulz - Vorstand
  • Markus Kienast - Vorstand
  • Karl Beisteiner - Kassier
  • Georg Slezak - Schriftführer

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